Koordinierungsgruppe Pandemie im Landkreis Dachau: Omikron hat den Landkreis im Griff

03. Februar 2022: + Hohe Testbereitschaft und hohe Testkapazität im Landkreis Dachau + positiv getestete Bürger:innen nehmen die Online-Meldung an das Gesundheitsamt gut an + Personelle Ausfälle belasten die kritischeren Infrastruktur: Situation derzeit aber noch beherrschbar + Impfungen weiterhin wichtig und notwendig, auch mit Blick auf die kommende Entwicklung und den Herbst + Weiterer Impfstoff („Novavax“) soll ab Ende Februar verfügbar sein; Sonderimpfangebote geplant

Mit einer Inzidenz von 2.630,9 Neuinfektionen je 100.000 Einwohnern innerhalb von 7 Tagen und damit wieder dem höchsten Wert in ganz Bayern tagte am Mittwoch, den 02.02.2022, die „Koordinierungsgruppe Pandemie“ unter Leitung von Landrat Stefan Löwl erneut online. Bei den regelmäßigen Besprechungen beraten sich etwa 40 lokalen Expert:innen aus Gesundheitsamt, Kliniken und Pflege- sowie Behinderteneinrichtungen, niedergelassenen Ärzten, Rettungsdienst, Feuerwehr und Polizei, Apotheken, ambulanter Palliativversorgung sowie Fachbereichen des Landratsamtes, Gemeinden, Schulamt und den beiden Impfzentren.

Frau Dr. Monika Baumgartner-Schneider, Leiterin des Gesundheitsamtes, sowie Versorgungsarzt Dr. Christian Günzel gaben zu Beginn ihre Einschätzung zur pandemischen Lage und Entwicklung. Die aktuelle Inzidenz in Dachau spiegelt die aktuelle Situation im Landkreis deckungsgleich wieder: Im gesamten Landkreis Dachau besteht eine hohe Testbereitschaft und auch gute Testkapazitäten. Insgesamt bieten 27 Schnelltest- und 7 PCR-Teststellen Coronatestungen an. Nach wie vor liegen die Laborwerte innerhalb von 24 bis max. 30 Stunden vor. Täglich erreichen das Gesundheitsamt eine Vielzahl an positiven Befunde, welche nach wie vor tagesaktuell weitergemeldet werden können. Eine Erleichterung und Beschleunigung der Prozesse konnte in der vergangenen Woche durch die Meldung positiver Befunde seitens der Bürger:innen umgesetzt werden. Unter www.landratsamt-dachau.de/corona-positiv werden Personen mit positivem PCR-Testergebnis gebeten, die notwendigen Informationen zu ihrer Corona-Infektion digital zu melden. Dank dieser Mithilfe der Bürger:innen kann sich das Gesundheitsamt so auf die aktuell wichtigste Aufgabe in der Omikron-Welle konzentrieren: das Schützen vulnerabler Personengruppen.

Seitens der Bayerischen Staatsregierung werden regelmäßig weiter Anpassungen getroffen, welche im Landkreis Dachau umzusetzen sind. So verhängt das Gesundheitsamt seit dieser Woche grundsätzlich keine Klassenquarantänen mehr. Schüler:innen mit positivem Test werden zu Hause isoliert, alle anderen können weiterhin zur Schule gehen und werden dabei regelmäßig getestet. Die Schulleitungen haben jedoch nun die Möglichkeit, Klassen aus schulorganisatorischer Sicht ins sog. Home-Schooling (Distanzunterricht) zu schicken. Da immer mehr Schüler:innen geimpft oder genesen sind, ist eine einheitliche Quarantäne für alle nicht mehr umsetzbar. Unverändert bleibt die Reglung in den Kindertagesstätten.

Die Situation im Helios Amper-Klinikum bestätigt die Annahme, dass Dank der hohen Impfquote besonders bei älteren Bürger:innen die Omikron-Welle eher mild verläuft. Zwar steigt die Aufnahme stationärer Patienten, geimpfte Personen müssen aber bisher nicht intensivmedizinisch behandelt werden. Angespannter ist im Augenblick die Situation in der sog. kritischen Infrastruktur: Sowohl die Krankenhausvertreter, wie auch die Sprecher des ärztlichen Kreisverbandes, der größeren Praxen und auch aus allen anderen Bereichen (Rettungsdienst, Polizei, Feuerwehr) berichten von einem gehäuften Ausfall von Mitarbeiter:innen aufgrund einer Coronainfektion. Die Mitglieder der Koordinierungsgruppe halten die Situation aktuell noch für beherrschbar, einzelne Schließungen (z.B. von Arztpraxen) oder Einschränkungen im Krankenhaus sowie bei den Pflegeheimen sind nicht auszuschließen und müssen täglich neu evaluiert und bewertet werden.

Mit einer Impfquote von gut 75% steht der Landkreis Dachau im deutschlandweiten Vergleich glücklicherweise gut da, jedoch - da sind sich die Expert:innen der Koordinierungsgruppe Pandemie einig - reicht diese Quote (auch mit Blick auf den kommenden Herbst) wohl nicht aus, um die Pandemie - nach der extremen fünften Welle - abzuschließen. Daher gilt es jetzt vorzusorgen, um eine erneute Welle im Herbst zu verhindern. Aktuell ist die Impfbereitschaft trotz einer Vielzahl von Impfangeboten allerdings sehr gering. Der (auch durch den Booster aktualisierte) Impfschutz ist jedoch nach wie vor sehr wichtig, was insb. auch die Krankheitsverläufe im Klinikum zeigen. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Stephan Herf erklärt bildlich: „wenn wir uns die Corona Infektion wie eine Schlacht vorstellen, gibt uns die erste Impfung ein Kettenhemd zur Hilfe, die Zweite Impfung gibt uns ein Schutzschild und die dritte ein Schwert zur Verteidigung an die Hand.“

Dies sollte Grund genug sein, um einen Impftermin über BayIMCO bei einem der beiden Impfzentren oder bei den ansässigen Hausätzten zu buchen.

Ab Ende Februar wird in den Impfzentren des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) sowie der Johanniter Unfallhilfe (JUH) mit Novavax ein weiterer Impfstoff angeboten. Die Experte:innen hoffen, mit diesem sog. „Totimpfstoff“ weitere Personengruppen für eine Impfung zu überzeugen. Mit Hinblick auf eine Impfpflicht im Pflege- und Gesundheitsbereich sind erneut spezielle Impfaktionen im Landkreis geplant.

In der abschließenden Diskussion über die ab 15.03.2022 geltende sektorale Impfpflicht wurde seitens der medizinischen Vertreter sehr deutlich festgestellt, dass die aktuelle Regelung „nicht durchdacht“ ist und dadurch beim Personal in den verschiedenen Einrichtungen „viel Vertrauen verspielt“ worden ist. Aus medizinischer Sicht bewerten die Mitglieder der Koordinierungsgruppe eine allgemeine Impfpflicht für sinnvoll, eine sektorale Impfpflicht sollte jedoch unumgänglich in eine allgemeine Impfpflicht münden. Die aktuellen Vorgaben, insb. die Entscheidungsdelegation auf die örtlichen Gesundheitsämter ohne konkrete Handlungs- bzw. Umsetzungshinweise wird – unabhängig der bereits jetzt bestehenden Überlastung der Gesundheitsämter - nach Einschätzung des Gremiums zu keinen zusätzlichen Impfungen führen. „Bis die Betretungsverbote erteilt und dann ggf. gerichtlich überprüft wurden, ist die sektorale Impfpflicht Ende 2022 bereits schon wieder ausgelaufen“, prognostiziert Landrat Stefan Löwl die Probleme bei der rechtlichen Um- bzw. Durchsetzung. Das Gremium schließt sich insoweit einstimmig der Einschätzung des Bayerischen Landkreistages an. Für eine Umsetzung einer Impfpflicht werden eindeutige Festlegungen und verbindliche Vorgaben seitens der Gesetzgebungen auf Bundesebene benötigt.