Kreis.BLICK!

Ganz besondere kulturelle Schmankerl aus dem Landkreis bietet der Poetische Herbst. Diese Veranstaltungsreihe wird alle zwei Jahre von unserer Kreisheimatpflegerin Birgitta Unger-Richter organisiert. Schweren Herzens hat Sie den Poetischen Herbst von diesem auf das nächste Jahr verschoben. „Ich habe immer besondere Veranstaltungs- orte gesucht, an denen die Zuschauer gemütlich beisammensaßen. Dieses Miteinander ist ganz typisch für den Poetischen Herbst, geht in Corona-Zeiten aber leider nicht“, erklärt die Kreisheimatpflegerin. Wir wollen Sie im Herbst aber nicht ganz ohne heimatliche Kultur lassen. Darum stellen wir Ihnen einen besonderen Brauch vor und ge- ben einen kleinen Ausblick auf den Poetischen Herbst im Jahr 2021. Hutsingen Das Hutsingen ist ein Sängerwettstreit im Wirtshaus. Dabei tragen die Sänger nicht unbedingt einen Hut auf demKopf, auf alle Fälle gibt es aber besondere Hüte als Preise. Die Teilnehmer brauchen eine gute Stimme und vor allem viel Fantasie und Wortwitz. Denn sie bekommen ein bis zwei Stunden vor der Veranstaltung ein Rätsel und müssen das Lösungs- wort in gereimte Gstanzl bringen. Oft wird ein mehrdeutiges Wort ge- sucht, so wie zum Beispiel beim Hutsingen 1934 in Dachau: „Mit Feuer mach´ ich viele wund Mit Wasser viele auch gesund .“ Haben Sie das Lösungswort erraten? Es ist Pulver – das in einer Pistole oder in einem Gewehr und das gegen Krankheiten. Beim Wettbewerb geht es darum, das Wort am häufigsten in sinnvollen Versen zu ver- wenden. Musikanten sorgen im Wirtshaus für die richtige Stimmung und be- gleiten die Sänger. Nach der Auslosung der Reihenfolge geht der erste Sänger singend in den Saal, die anderen Sänger begleiten ihn und sin- gen den Refrain „a kloanige Weil woll´n wir singen“. Dann folgt das „Einsingen“, bei dem die Gäste begrüßt werden und die Sänger sich vorstellen. Wenn der erste Sänger mit seinen beiden „Nachsängern“ beim Schiedsgericht aus drei „Ratsherren“ angelangt ist, bittet er die- se eine Pfennigkerze anzuzünden. Jeder darf seine Gstanzln so lange singen, wie die Kerze brennt, das sind ca. 10 Minuten. Dabei notieren die „Ratsherren“ wie oft das gesuchte Wort verwendet wurde und wie originell die Gstanzln sind. Der 1. Preis ist meist ein schwarzer Velour- hut mit rotem Seidenband, der 2. Preis ein Filzhut, und der 3. Preis ein Strohhut, ein Schweinshaxerl oder eine Wurst. In der Regel übergibt ein prominenter Gast die Preise. Am Schluss gehen die Hutsänger zum „Nachsingen“, bei dem die Gäste Geld für Sänger und Musikanten in die frisch gewonnenen Hüte spenden. Dann folgt noch ein Abschieds- gesang. Diese Tradition geht vermutlich auf das fränkische „Kranzsingen“ aus dem 16. Jahrhundert zurück. Im Landkreis Dachau ersang sich zum ersten Mal 1870 ein Sänger einen Hut. Besonders verbreitet war das Hutsingen bei uns bis ca. 1914. Nach einer Pause wurde die Tradi- tion 1930 in Erdweg durch Kiem Pauli wiedererweckt. Nach dem 2. Weltkrieg waren Vater und Sohn Peter Huber aus Sigmertshausen und Josef Mair aus Kammerberg sehr engagierte Hutsänger. Zum letzten Mal gab es in unserem Landkreis 2011 ein Hutsingen im Rahmen des Poetischen Herbstes in Großinzemoos. (bur) Für die Zuschauer ist das Hutsingen immer ein sehr unterhaltsamer Abend. Für unsere Kreisheimatpflegerin ist es darüber hinaus ein tra- ditioneller Brauch, den sie auch in der Gegenwart gerne lebendig hal- ten möchte. Darum wird für den Poetischen Herbstes 2021 wieder ein Hutsingen organisiert. Damit die Zeit bis zum Poetischen Herbst 2021 nicht zu lange ist, haben wir einen Film als kleinen Ausblick gedreht. Sie können diesen anschauen unter www.landratsamt-dachau.de/poetischer-herbst Vater und Sohn, Huber Peter senior (hinten, ganz links) und Huber Peter junior (hin- ten, dritter von links) gewannen das Hutsingen 1935 im Gasthof Unterbräu in Dachau. Beim Poetischen Herbst 2011 gab es sogar eine Hutsängerin, Renate Meier aus Pfarrkirchen. 24 Poetischer Herbst mal anders

RkJQdWJsaXNoZXIy NjQwNDE4