„Eigene Einsichtsfähigkeit gefragt“ - Landkreis-Seniorenbeirat thematisiert Fahrtüchtigkeit im Alter

16. Oktober 2017: Dass sich mit fortschreitendem Alter auch Einschränkungen der Fahrtüchtigkeit einstellen, ist allgemein bekannt. Was aber die konkreten Gründe für solche Beeinträchtigungen sind, wurde jetzt in der Delegiertenversammlung des Landkreis-Seniorenbeirats (LKSB) im Landratsamt deutlich.

Hermann Krusch, der Vorsitzende des LKSB, hatte dazu den Chefarzt der Neurologie im Klinikum Dachau, Dr. Christian Lechner eingeladen.

Dr. Lechner betonte vorab, dass ein höheres Alter nicht per se bedeute, dass jemand nicht mehr in der Lage sei, als Autofahrer verantwortungsvoll am Straßenverkehr teilzunehmen. Neben altersbedingten Einschränkungen wie der Sehfähigkeit oder Reaktionsschnelligkeit könne es aber triftige Ursachen für mangelnde Fahrtüchtigkeit geben. Dies seien, neben vielen anderen Krankheiten, etwa Schlaganfallfolgen, die zu Gesichtsfeldverengungen führen könnten, oder Herzrhythmusstörungen, die im Extremfall plötzliche Bewusstlosigkeit zur Folge haben könnten. Vielfach seien solche Ursachen für nur bedingte Fahrtauglichkeit behandelbar, wobei verschiedene medizinische Disziplinen bei der Diagnostik und Therapie zusammenarbeiten müssten: vom Hausarzt über den Augenarzt, bis hin zum Neuropsychologen, Kardiologen und Physiotherapeuten. In diesem Zusammenhang verwies Lechner auch auf die im Jahr 2017 neu eingerichtete „Geriatrische Institutsambulanz“ an der HELIOS Amper-Klinik Indersdorf, an der beispielsweise ein freiwilliger „Demenz-Check“ möglich ist.

Maßgeblich für die Beurteilung von Fahrtüchtigkeit – auch im Alter – seien die „Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung“. Behandelnde Ärzte, gerade im Bereich der Geriatrie hätten hier – so Dr.Lechner – selbstverständlich eine Dokumentationspflicht und müssen ihre Patienten aus medizinischer Sicht auf deren eventuell eingeschränkte Fahrtüchtigkeit hinweisen. Aber nur bei „absoluter Uneinsichtigkeit“ gebe es Meldungen an die Führerscheinstelle, die dann Fahreignungsprüfungen zur Folge haben könnten. Letzten Endes sei hier in hohem Maße „das eigene Verantwortungsbewusstsein gefragt“. Pflichtuntersuchungen für ältere PKW-Fahrer gebe es nicht, und es sei auch fraglich, wie sinnvoll so etwas wäre.

In der Diskussion mit Dr. Lechner und schließlich auch mit Richard Nürnberger von der Landesverkehrswacht Bayern wurde das Thema „Freiwilliger Führerscheinverzicht“ von Senioren angesprochen. Ein solcher Verzicht sei für die Betroffenen natürlich oft mit erheblichen Mobilitätseinschränkungen verbunden.

Daher gebe es bereits Kommunen wie etwa Kaufbeuren oder die Stadt Fürth, die Senioren, die sich am Steuer unsicher fühlen und einen Führerscheinverzicht erwägen, Gratisangebote im Öffentlichen Personennahverkehr machten. Es wurde gefragt, ob über solche Angebote nicht auch im Landkreis Dachau nachzudenken wäre.

Ab einem bestimmten Alter – über 70 oder 80 Jahre – steigt, das zeigten statistische Zahlen, die Richard Nürnberger präsentierte, die Unfallbeteiligung und die Zahl der bei Verkehrsunfällen zu Tode gekommenen Senioren doch deutlich an. 2016 ereigneten sich im Lkr. Dachau 391 Verkehrsunfälle. Senioren ab 60 Jahren waren zu 65 %, über 70 Jahre zu 76 % und über 80 Jahre zu 16 % daran beteiligt. Diese Erhöhung hat allerdings ebenso sehr damit zu tun, dass ältere Verkehrsteilnehmer Opfer von Unfällen seien und nicht nur deren Verursacher. Auf großes Interesse bei den Veranstaltungsteilnehmern stießen die Hinweise des Verkehrswachtexperten auf hilfreiche Weiterentwicklungen in der Automobiltechnik. In modernen PKW’s gebe es immer mehr „Sicherheitsassistenten“, die gerade älteren Autofahrern zugutekommen können wie etwa Lichtassistenten, Nachtsichtassistenten, Müdigkeitswarner, Abstandsregler, Spurhalte- und Notbremsassistenten. Nürnberger empfahl, sich solche technischen Hilfen unbedingt zunutze zu machen.