Landrat im Dialog - Fragen und Antworten

Gemeinsam und gut miteinander leben im Landkreis Dachau. Dazu gehört auch, Anliegen und Probleme direkt zu klären.
Landrat Stefan Löwl steht Ihnen im Rahmen des Bürgerdialogs Rede und Antwort. Hier finden Sie die bisherigen Anfragen.

04.07.2018 - Soziales

Wohnung

Frage

Schönen guten Tag,

meine Frage ist ganz einfach:
Gibt es die Möglichkeit, dem Jobcenter zu erklären, daß deren Mietvorschriften ins Land der Märchen gehören?

Kurz zu mir. Ich bin psychisch chronisch krank und seit Mai 2016 arbeitsunfähig. Dadurch verlor ich alles, auch mein Zuhause. Seitdem wohne ich mit meinen Kindern in einer Obdachlosenunterkunft. 68m2, 3 winzige Zimmer mit Küche und Bad, was sage und schreibe 695€ kalt kostet. Die Obergrenze für drei Personen liegt aber bei 638€. Zum Glück ist das Jobcenter aufgrund meiner Situation so kulant, die Miete dennoch zu übernehmen. Allerdings brauche ich aufgrund meiner schweren Erkrankung eine wesentlich bessere Infrastruktur. Gerade was die Busanbindung betrifft. Außerdem läuft mein Mietvertrag nur bis Mai 2019. Eine Sozialwohnung kommt nicht infrage, da ich sehr genau auf mein Umfeld achten muss. Aber mit den Vorgaben des Jobcenters habe ich einfach keine Chance, es sei denn, ich verlasse das Bundesland, was für meine Kinder allerdings katastrophal wäre, da auch sie unter dem Verlust ihres Zuhauses stark gelitten haben. Wenn die Vorgaben den aktuellen Mieten entsprächen, hatten wir vielleicht eine Chance. Es ist schon schwer genug, mit dem Makel Hartz IV überhaupt etwas zu bekommen, aber bei den Vorgaben wird dies unmöglich. Hier herrscht dringender Handlungsbedarf.

Mit freundlichem Gruß

Yvonne Oeschger

Antwort

Sehr geehrte Frau Oeschger,

die Grenze der grundsätzlich übernahmefähigen Kosten für Mieten, werden bis zu vom Kreistag als zuständigem Gremium festgelegten und auf Vergleichswerten basierenden Mietobergrenzen vom Jobcenter übernommen und in begründeten Einzelfällen – wie wohl bei Ihnen – ggf. auch darüber hinaus in voller Höhe berücksichtigt. Die letzte Aktualisierung erfolgte zum 01.01.2017. Zusätzlich erhalten Sie entsprechenden Regelsätze für den Lebensunterhalt.

Wenn Sie der Meinung sind, dass eine Sozialwohnung für sie nicht in Betracht kommt, kann Ihnen die Sozialverwaltung aber leider nicht weiterhelfen. Uns ist bewusst, dass das Mietniveau auf dem sog. „freien Markt“ zum Teil deutlich höher liegt, als im sozial gebundenen Wohnraum. Aber genau aus diesem Grund gibt es ja den sozialen Wohnungsbau und gerade in Karlsfeld wird aktuell ein großes, neues und modernes Gebäude errichtet. Auch in anderen Landkreisgemeinden gibt es – verkehrlich sehr gut erschlossene – Sozialwohnungen, an den weiter entfernten S-Bahn-Haltestelle sogar im Einzelfall auf dem sog. „freien Markt“.

Mit freundlichen Grüßen
Stefan Löwl

03.07.2018 - Sonstiges

Anfrage zur Rechtmäßigkeit der Gewährung einer Überbrückungshilfe an einen ehrenamtlichen 1. Bürgermeister

Frage

Sehr geehrter Herr Landrat Löwl,

wenn ich die Situation richtig beurteile, gibt es hinsichtlich des Rücktritts des früheren ehrenamtlichen 1. Bürgermeisters meiner Gemeinde (im Landkreis Dachau) etwas Klärungsbedarf. Der damalige 1. Bürgermeister verkündete im nichtöffentlichen Teil der Gemeinderatssitzung vom 10.10.2016 seinen Rücktritt zum 30.04.2017. In der nächsten Gemeinderatssitzung vom 14.11.2016 genehmigte der Gemeinderat das Rücktrittsgesuch des 1. Bürgermeisters und fasste den Beschluss zur „Zustimmung zum Antrag des 1. Bürgermeisters zur Aufgabe seines Amtes.“

Der amtierende 1. Bürgermeister meiner Gemeinde ließ mich heuer schriftlich wissen, dass sein Amtsvorgänger aufgrund eigenen Antrags entlassen wurde. Die Entlassung eines Beamten (Bürgermeister sind Beamte) auf eigenen Antrag ist in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BeamtStG geregelt.

Im nichtöffentlichen Teil der Gemeinderatssitzung vom 08.05.2017 gewährte der Gemeinderat dem zum 30.04.2017 ausgeschiedenen früheren 1. Bürgermeister eine Überbrückungshilfe, die sich nach meinen Berechnungen im Rahmen zwischen 17.000,- und 22.940,- Euro bewegt.

Die Bewilligung einer Überbrückungshilfe setzt voraus, dass einer der in Art. 58 Abs. 1 KWBG abschließend aufgeführten Entlassungsgründe vorliegt. Der der Entlassung meines früheren 1. Bürgermeisters zugrunde liegende Entlassungsgrund befindet sich jedoch nicht in der abschließenden Aufzählung des Art.58 Abs. 1 KWBG. Daher fehlt der Bewilligung der Überbrückungshilfe seitens des Gemeinderats meiner Gemeinde an den früheren 1. Bürgermeister meiner Gemeinde jegliche rechtliche Legitimation.

Teilen Sie als Landrat bzw.. teilt die Kommunalaufsicht im Landratsamt Dachau meine Rechtsauffassung? Wenn ja, was gedenken Sie bzw. das Landratsamt Dachau in dieser Angelegenheit zu tun?

Mit freundlichen Grüßen, Rupert Furtmair

Antwort

Sehr geehrter Herr Furtmair,
Ihre Anfrage habe ich erhalten. Der von Ihnen genannte Sachverhalt wurde nicht nur von der Rechtsaufsicht im Landratsamt Dachau geprüft und bewertet sondern liegt auch der Regierung von Oberbayern sowie diversen anderen Stellen vor. Ich bitte Sie um Verständnis, dass ich Ihnen zu personenbezogenen Sachverhalten aus datenschutzrechtlichen Gründen grundsätzlich keine – und schon gar nicht öffentlich – Auskunft erteilen darf.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Löwl

01.07.2018 - Sonstiges

Ihre Entscheidungen zur Sparkassenfusion

Frage

Sehr geehrter Herr Landrat,
mit großer Verwunderung habe ich aus der Presse zur Kenntnis genommen, dass der Verwaltungsrat der Dachauer Sparkasse sich vor zwei Tagen einstimmig gegen die Prüfung einer Fusion mit der Sparkasse Fürstenfeldbruck ausgesprochen hat. Dies impliziert, dass auch Sie gegen diese Prüfung gestimmt haben. Und eben dies verwundert mich, da Sie Anfang Juni, nachdem sich der Kreistag Landsberg gegen die Dreierfusion ausgesprochen hatte, sich öffentlich dafür aussprachen, nun eine Zweierfusion DAH/FFB zu prüfen. Bekanntlich ändern sich Bilanzen, Kennzahlen und langfristige Prognosen in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit der betroffenen Institute nicht binnen weniger Wochen. Deswegen möchte ich Sie fragen, was Sie zu diesem Sinneswandel bewogen hat, da Sie ja als Vorsitzender des Verwaltungsrats der Sparkasse DAH laut Art. 5 Satz 3 des Sparkassengesetzes nicht geringen Einfluss auf die künftige Ausrichtung der Dachauer Sparkasse haben. Ich bin der Meinung, dass die Bürgerinnen und Bürger des Landkreises Dachau (da es ihre Sparkasse ist) ein zwar nicht juristisches aber moralisches Recht darauf haben, die Gründe Ihres Sinneswandels zu erfahren. Mit der Bitte um Antwort, freundliche Grüße, Florian Göttler.

Antwort

Sehr geehrter Herr Göttler,

vielen Dank für Ihre Nachfrage. Leider kann ich Ihre Verwunderung nicht nachvollziehen. Ich hatte mich zu keinem Zeitpunkt dahingehend geäußert, dass ich nach Ablehnung der sog. „Drei-Säulen-Sparkasse“ durch den Landsberger Kreistag für eine sog. „Zwei-Säulen-Sparkasse“ aus den Sparkassen Dachau und Fürstenfeldbruck bin. Unmittelbar nach dem Bekanntwerden der Ablehnung durch den Landsberger Kreistag wurde ich von verschiedenen Pressevertretern kontaktiert. Hier habe ich zur Möglichkeit einer „Zwei-Säulen-Sparkasse“ jeweils die beiden nachstehenden Kernaussagen getätigt:
1. Wir haben für diesen Fall [Absage der „Drei-Säulen-Sparkasse“] keinen Plan B.
2. Wir kennen die anstehenden Herausforderungen und müssen nun im Verwaltungsrat entscheiden, ob ggf. auch eine „Zwei-Säulen-Sparkasse“ mit Fürstenfeldbruck Sinn macht.

Diese Aussagen wurden u.a. im Dachauer Merkur vom 07.06.2018 (https://www.merkur.de/lokales/dachau/dachau-ort28553/sparkassen-fusion-kommt-statt-dreier-zweier-fusion-9929752.html) so übernommen, insb.: „Eine Zweier-Fusion mit der Sparkasse Fürstenfeldbruck sieht Löwl aber als eine Option an, über deren Prüfung man beraten solle.“ Ich hatte zum damaligen Zeitpunkt – da wir keinen Plan B hatten und für diesen Fall somit auch keine Zahlengrundlagen zur Verfügung standen – deshalb die Diskussion, ob wir Gespräche zu einer Zweier-Fusion beginnen sollen, für die nächste Verwaltungsratssitzung angekündigt.

Insoweit verstehe ich Ihre Verwunderung nicht. Der Verwaltungsrat hat in seiner letzten Sitzung – wie von mir damals angekündigt – die Möglichkeiten, Chancen und Risiken einer Fusion mit Fürstenfeldbruck sehr intensiv diskutiert und dann den von Ihnen zitierten, einstimmigen Beschluss gefasst. Genau dies hatte ich Anfang Juni angekündigt („sich öffentlich dafür aussprachen, nun [die Möglichkeit] eine Zweierfusion DAH/FFB zu prüfen.“). Ich bitte Sie um Verständnis, dass ich weder die Diskussion, noch die konkreten Gründe aus einer nicht-öffentlichen Sitzung nennen kann und darf.

Ich weiß leider auch nicht, was diese Frage mit meiner generellen Überwachungsfunktion nach Art. 5 Abs. 3 SparkassenG (Satz 1: Der Verwaltungsrat überwacht die Geschäftsführung des Vorstands. Satz 2: Er erläßt für die Geschäftsführung Richtlinien und eine Geschäftsanweisung.) zu tun hat, welche im Übrigen keine Pflicht des Verwaltungsratsvorsitzenden ist, sondern von allen Mitgliedern des Verwaltungsrats.

Mit freundlichen Grüßen
Stefan Löwl

24.04.2018 - Soziales

Thema Inklusion

Frage

Thema Inklusion, wann wird diese auch im LKR Dachau endlich umgesetzt??? Die EU hat hier schon vor Jahren die gesetzl.Grundlagen geschaffen aber es passiert einfach nichts. Was machen Sie hierfür Herr Landrat?

Antwort

Sehr geehrte Frau Gruber,

ich habe Ihre Kommentierung gelesen und möchte Ihnen hierauf gerne antworten.

Das Thema Inklusion ist ein sehr weit gefächertes Spektrum, welches sich in die verschiedensten Lebensbereiche splitten lässt. Die rechtliche Grundlage bildet die UN-Behindertenrechtskonvention. Diese wird u.a. ergänzt durch die „Europäische Strategien zugunsten von Menschen mit Behinderung 2010 – 2020 – Erneuertes Engagement für Barrierefreies Europa“. Es wurde ein Aktionsplan mit acht wesentlichen Punkten festgelegt: Zugänglichkeit, Teilhabe, Gleichstellung, Beschäftigung, allgemeine und berufliche Bildung, sozialer Schutz, Gesundheit und Maßnahmen im Außenbereich.

Für diese Maßnahmen sind Zeiträume vorgegeben, da sowohl infrastrukturelle wie auch organisatorische oder personelle Veränderungen nicht sofort umgesetzt werden können. Inklusion ist ein Prozess bzw. ein dauerhafte und bei allen relevanten Maßnahmen zu beachtende Aufgabe.

Leider haben Sie keine konkreten Punkte oder Maßnahmen genannt bzw. mitgeteilt, welcher Bereich für Sie von besonderem Interesse ist. Im Landkreis stehen aktuelle folgende Themen im Fokus:
a) Barrierefreiheit – Ausbau der Rad- und Wanderwege, Neugestaltung der Bus- und S-Bahnhaltestellen, Zugang zu öffentlichen Einrichtungen (bspw. Kulturhaus Eschenried)
b) Bildung – Inklusion von behinderten und von Behinderung bedrohten Kindern und Jugendlichen in den Regelschulen (insb. Finanzierung von Schulbegleitungen), Inklusionsberatung im staatlichen Schulamt Dachau, Aufbau von Schulprofilen wir z.B. Auszeichnung der Realschule Odelzhausen als „Schule mit Profil Inklusion“, umfängliche Berücksichtigung bei Neubauten, Einrichtung von Inklusionsklassen ab der 1. Jahrgangsstufe
c) Gesellschaft – Förderung/Unterstützung von Projekten bspw. Sport und Inklusion, Aktionstag 2014, berufliche Bildung- junge Erwachsene aus den Wohngruppen Schönbrunn, u.a. durch Praktikumsmöglichkeiten in den verschiedensten Firmen und Betrieben
d) Vielfältige Beratung durch den Kreisbehindertenbeauftragten – Unterstützung bei der Etablierung neuer Angebote im Landkreis bspw. Blickpunkt Auge, Beratungen für Gehörlose Bürger/Bürgerinnen zu festen Terminzeiten, Projektunterstützungen (z.B. Kunstgruppe für Menschen mit und ohne Behinderung, Angebot.

Im Landratsamt gibt es mit dem Fachbereich "Familienberatung, Gleichstellung und Inklusion" (FBGI) darüber hinaus eine eigenen Koordinationsstelle welche für Bürger/Bürgerinnen und deren Familie mit speziellen Problemschwerpunkten, die aus allen gesetzlichen Richtlinien fallen, Hilfestellungen anbietet. Dies erfordert sehr viel Kreativität und Erfahrungen.

Mit freundlichen Grüßen
Stefan Löwl

23.03.2018 - Sonstiges

Landkreispartnerschaft mit Oswiecim

Frage

Sehr geehrter Herr Landrat Löwl,
ich habe Ihre Aktivitäten bezüglich der Landkreispartnerschaft zwischen dem Landkreis Dachau und der Verwaltungseinheit Oswiecim in der Presse aufmerksam verfolgt. Als Bürger der Stadt Dachau und eingedenk ihrer gesellschaftlich bedeutenden Rolle als Lern-, Gedenk- und Erinnerungsort beobachte ich Ihre Beziehungen zu Zbigniew Starzec (Verwaltungsleiter der Region Osiwiecim, vergleichbar mit einem Landrat in Deutschland, Mitglied der PiS-Partei) interessiert und nunmehr durchaus kritisch. Der Fernsehsender Phoenix brachte eben eine Reportage über die aktuelle politische Situation in Polen. Ich hoffe, diese ist noch unter https://www.phoenix.de/…/polen_vor_der_zerreisspro…/2542806... abrufbar.
Sehr geehrter Herr Landrat Löwl, ich bitte Sie hier um Stellungnahme bezüglich Ihrer Einstellung zur aktuellen politischen und gesellschaftlichen Situation in Polen. Zbigniew Starzec ist Mitglied der PiS-Partei, die nach einer fragwürdigen Umgestaltung des Rechtssystems nunmehr eine Gesetzesänderung anstrebt, die vergewaltigten Frauen die Abtreibung verbietet. Die Einstellung der PiS-Partei bezüglich der europäischen Flüchtlingspolitik erachte ich als bekannt. Ich frage Sie: Thematisieren Sie diese Themen in Ihrer Kommunikation mit Zbigniew Starzec? Und insgesamt: Wie stehen Sie dazu? (Diese Anfrage geht auch über Facebook online, weswegen ich um Freigabe bitte,Ihre Antwort auf Facebook posten zu dürfen.) Freundliche Grüße, Florian Göttler.

Antwort

Sehr geehrter Herr Göttler,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Auch mich beunruhigen die aktuellen politischen Entwicklungen in Polen, ebenso wie in vielen anderen europäischen Nachbar- und Partnerländern, beispielsweise in den Niederlanden, in Frankreich, in Österreich mit der ehem. Haider-Partei FPÖ, in Italien mit der populistischen und frauenfeindlichen Berlusconi-Partei Forza Italia, in der Slowakei oder in Ungarn. Die offene Menschenfeindlichkeit, die Beschneidung demokratischer Rechte, die nationalen Egoismen und die Europaskepsis kann ich Anfang des 21. Jahrhunderts schwer nachvollziehen. Selbst in Deutschland haben wir nicht zu unterschätzende politische Kräfte, welche mit Vorurteilen, Ausgrenzung und der unreflektierten Zuweisung von vermeintlicher Verantwortung an andere, sowie der Präsentation scheinbar einfacher Lösungen die öffentliche Meinungsbildung betreiben und in einer destruktiven, bedenklichen Weise emotionalisieren. Gerade die Zukunftsängste vieler Menschen überall in Europa sind augenscheinlich der Nährboden für populistische, nationale und undemokratische Bewegungen. Aus diesem Grund setze ich mich auf verschiedenen Ebenen intensiv für die demokratischen Prozesse, den Dialog sowie das gemeinsame Europa und die europäischen Ideale sowie die Menschenrechte und den Rechtsstaat ein.

Neben meinen vielfältigen, Ihnen wohl auch bekannten Aktivitäten für Demokratie, (Bürger-)Dialog sowie die Lern-, Gedenk- und Erinnerungsarbeit im Landkreis engagiere ich mich stark für die interkommunale Zusammenarbeit und die Stärkung der Kommunen, insb. in der Region München, sowohl beim MVV, als Pate bei der Münchner Wohnungsbaukonferenz sowie über den Bayerischen Landkreistag. Im – leider oft recht unbekannten - Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE) bin ich als Vorsitzender des Deutsch-Polnischen-Ausschusses (DPA) tätig und verfolge bei den vielfältigen Kontakten und Besuchen (leider) auch die großen, innerpolnischen Spannungen. Von der deutschen Bundesregierung haben wir jedoch aktuell den ausdrücklichen Auftrag, die deutsch-polnischen Kontakte auf kommunaler Ebene ohne Rücksicht auf die Belastungen des deutsch-polnischen Verhältnisses im Allgemeinen sowie die (inner-)polnischen Auseinandersetzungen vor Ort fortzusetzen, zu pflegen und sogar zu intensivieren, um hier sowohl den Kontakt zwischen den Bürgerinnen und Bürgern, aber auch eine wichtige Gesprächsebene offen zu halten und für unsere Standpunkte Verständnis zu erzeugen bzw. zu werben. Gerade bei höherrangigen Gesprächen, beispielsweise mit der deutsch-polnischen Parlamentariergruppe, bei den deutsch-polnischen Regierungskonsultationen sowie als deutscher Vertreter bei den Treffen des polnischen Landkreistages, konnte ich den PIS-Einfluss sowie die PIS-Standpunkte kennen lernen. Aus Respekt vor der demokratischen Legitimation meiner Gesprächspartner entziehe ich mich diesen Gesprächen jedoch nicht, sondern bringe meine bzw. unsere deutschen Positionen nachhaltig ein. Dies wird gerade auch von den oppositionellen Kommunalvertretern in Polen geschätzt, wobei ich – vergleichbar wie in Deutschland – feststelle, dass die kommunalen Vertreter der PIS deutlich pragmatischere und gemäßigtere Ansichten haben, als das Spitzenpersonal auf Staatsebene oder wie in den Medien dargestellt. Ich gehe davon aus, dass Sie die entsprechenden Presseberichte zu meinen Kontakten verfolgen, sende Ihnen aber gerne auch noch weitere Informationen hierzu zu. Mein Kollege Zbigniew Starzec aus unserem Partnerlandkreis Oświęcimski hat zwar kein öffentliches Amt im polnischen Landkreistag, nimmt jedoch regelmäßig an Veranstaltungen teil und unterstützt hierbei die von mir vertretenen Positionen zu den Themen: Europa, Kommunalverfassung, Migration und Integration sowie (selbstverständlich) der besonderen geschichtlichen Verantwortung, gerade der beiden Orte Dachau und Auschwitz.

Dies zu meiner Position vorweg geschickt, darf ich Ihnen auch noch eine weitergehende Einschätzung meines Kontakts zu meinem Kollegen Zbigniew Starzec geben: Ich habe ihn als überzeugten Europäer kennengelernt. Die europäische Idee sowie die europäischen Werte waren und sind Grundlage unserer Landkreis-Partnerschaft, auch wenn es hier bei Einzelfragen durchaus auch mal unterschiedliche Meinungen gibt (und geben darf). Gemeinsam waren wir beispielsweise bei einer Veranstaltung von Pulse of Europe in München und haben uns – ausdrücklich vor dem Hintergrund des uns verbindenden geschichtlichen Erbes – zum gemeinsamen Europa bekannt. Mein Kollege engagiert sich aber auch persönlich sehr in der Gedenk- und Erinnerungsarbeit, sowohl in Auschwitz als auch in Dachau. Es gibt keine von ihm begleitete Delegation (hier wie dort), welche nicht die Gedenkstätten besucht und den Opfern gedenkt. Neben vielen anderen Aktivitäten unterstützt er die Teilnahme junger Landkreisbürgerinnen und -bürger aus seinem Landkreis bei der jährlichen Internationalen Jugendbegegnung in Dachau. Nur so ist zu erklären, dass er in einem engen, freundschaftlichen Verhältnis zu einer Vielzahl – nicht der PIS angehörigen – Vertreterinnen und Vertreter steht. Im Herbst besuchte er uns beispielsweise anlässlich der 1. Deutsch-Polnischen Kulturtage gemeinsam mit dem Leiter der Internationalen Jugendbegegnungsstätte Leszek Szuster, dem stellvertretenden Leiter der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau und gleichzeitig Direktor des Internationalen Bildungszentrums über Auschwitz und den Holocaust Andrzej Kacorzyk, dem Direktor des Life-Festivals Darek Maciborek sowie einem wissenschaftlichen Mitarbeiter des Jüdischen Zentrums in Oświęcim Dr. Artur Szyndler und dem Kreisrat Wojciech Kajdas von der oppositionellen PO. Vergleichbar vielfältig sind seine Kontakte und Freundschaften in die – unsere Beziehung einleitende – Kunstszene; sowohl in Oświęcim wie auch in Dachau. Und auch hier bei uns in Dachau wird Zbigniew Starzec von allen, welche ihn als Person kennenlernen dürfen, für seine Art und sein Engagement geschätzt und geachtet; angefangen von unserer Partnerschaftsbeauftragten Marese Hoffmann, meiner Stellvertreterin Marianne Klaffki, welche erst in der vergangenen Woche an einer wichtigen Solidaritätskonferenz in der Internationalen Jugendbegegnungsstätte in Auschwitz teilgenommen hat sowie den anderen Mitgliedern des Kreistags und einer Vielzahl anderer Menschen aus allen gesellschaftlichen Bereichen.

Selbstverständlich können wir uns nicht über alle (tages-)aktuellen Dinge – alleine schon wegen der überschaubaren Anzahl an Treffen und den dann immer äußerst gefüllten Terminplänen – austauschen. Die persönliche Position von meinem Kollegen zu den von Ihnen genannten neuen Abtreibungsregeln ist mir beispielsweise nicht bekannt. In einigen Punkten vertritt mein Kollege auch nicht die kommunizierten PIS-Ansichten (so wie ich auch nicht alle Positionen der CSU kritiklos teile und dies wohl auch auf keinen verantwortungstragenden, -suchenden und -übernehmenden Politiker für seine jeweilige Partei zutrifft), in anderen Punkten sind wir uns inhaltlich einig und in einigen vertreten wir andere Ansichten und Auffassungen. Bei den unsere Partnerschaft prägenden Dingen sind wir jedoch einer Meinung: Wir stehen für ein gemeinsames Europa, die europäischen Werte, die große Verantwortung vor dem historischen Erbe und für die Demokratie. Deshalb suchen wir den Dialog, sind auch – und das ist ja das Kernelement der Demokratie – zu Kompromissen bereit, haben demokratischen Respekt vor anderen Meinungen, welche wir selbst nicht teilen und unterstützen alle Aktivitäten, welche die Erinnerung erhalten und sich für das „Nie wieder!“ einsetzen. Die Partnerschaft zwischen dem Landkreis Dachau und Oświęcimski wurde im Übrigen vom Dachauer Kreistag einstimmig beschlossen und wird auf vielen Ebenen gelebt - nicht nur, aber durchaus intensiv und in mehreren persönlichen Freundschaften, durch politische Delegationsbesuche - und zu verschiedenen Themen (neben der Erinnerungsarbeit und dem historischen Erbe eben auch die Verantwortung vor den großen Zukunftsherausforderungen). Durch diese Art von Kontakten auf allen gesellschaftlichen Ebenen wird Völkerverständigung sowie die europäische Idee gelebt!

Ich stehe für einen uneingeschränkten, vorurteilsfreien Dialog mit allen Menschen und Partnern, ob in Europa oder hier in Deutschland. Die Zeiten, in denen in Dachau Personen nur aufgrund ihrer Rasse, ihrer Herkunft, ihres Glaubens, ihrer politischen Weltanschauung oder ihrer sonstigen Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe/Partei beurteilet wurden, sind zum Glück vorbei. Insoweit bedauere ich es sehr, wenn Personen – aus welchen Gründen auch immer – gruppenspezifische Merkmale über den individuellen Menschen stellen, insb. wenn sie diesen persönlich nicht oder nur mittelbar kennen. Ich lade Sie deshalb ein, meinen Kollegen bei einem der nächsten Besuche in Dachau persönlich kennenzulernen oder – vielleicht noch besser – fahren Sie in unseren Partnerlandkreis und erleben Sie dort selbst, wie sich Zbigniew Starzec für die europäische Idee einsetzt und auch den Gedenk- und Erinnerungsort Auschwitz aus voller Überzeugung unterstützt.

Mit freundlichen Grüßen
Stefan Löwl